„Wir brauchen einen neuen Multilateralismus à la carte“

Italiens Außenminister Paolo Gentiloni zur Krise im Mittelmeer

Datum
17 Juni 2015
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
DGAP, Berlin, Deutschland
Einladungstyp
Nur für Mitglieder

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Europa dürfe nicht einfach „Konsument“ der Sicherheit sein, die von den USA angeboten werde. Der alte Kontinent müsse auch selber Anbieter von Sicherheit werden, forderte der italienische Außenminister bei dem Vortrag vor 150 Gästen in der DGAP. Hierzu sei eine flexibel koordinierte Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Ländern sinnvoll.

Gentiloni verlangte außerdem mehr Engagement Europas an den südlichen Grenzen, wo Probleme wie Migration, Terrorismus, Gesetz- und Staatenlosigkeit, religiöse Konflikte, Jugendarbeitslosigkeit, Armut und Ungleichheit gelöst werden müssten. Mit Blick auf die Zurückhaltung osteuropäischer Länder wies er darauf hin, dass die Flüchtlinge künftig auch andere Routen wählen könnten; in der Folge würden dann andere Länder auf die Unterstützung und Solidarität Europas angewiesen sein.

Im Streit um die Verteilung der Flüchtlinge bräuchte es neue verbindliche Regeln, so Gentiloni. Die beschlossene Umverteilung von 24 000 Flüchtlingen aus Italien in andere Mitgliedstaaten in den kommenden zwei Jahren sei bei Weitem nicht ausreichend. Ein besserer Weg sei es, das Abkommen von Dublin zu reformieren. Gentiloni zeigte sich skeptisch, ob bis zum EU-Gipfel Ende Juni in Luxemburg eine Einigung unter den EU-Mitgliedstaaten erzielt werden würde. Mit konkreten Ergebnissen rechne er eher im Juli auf dem nächsten Treffen des Europäischen Rates.

Der italienische Außenminister rief die EU auch zu mehr Initiative gegen Schlepperbanden und Menschenhandel auf. Seenotrettung allein reiche nicht aus. Diese Maßnahmen würden lediglich helfen, mit den Symptomen umzugehen. Um die Flüchtlingswelle in Richtung Europa zu minimieren, müssten die Krisen in der Region eingedämmt werden. Von einer neuen Ordnung im Mittelmeer solle Stabilität für die ganze Region ausgehen, so Gentiloni. „Wir müssen eine gemeinsame europäische Verantwortung dafür übernehmen“, sagte der italienische Außenminister. „Eine neue Verpflichtung gegenüber der Mittelmeerregion ist eine Verpflichtung gegenüber der Zukunft Europas.“

In der anschließenden Diskussion erwähnte er ein Diskussionspapier, dass er gemeinsam mit seinen deutschen und französischen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier und Laurent Fabius erarbeitet habe. Darin schlagen die Außenpolitiker vor, die Zusammenarbeit mit den afrikanischen Herkunfts- und Durchgangsländern zu verbessern und das sicherheitspolitische Engagement in der Region zu verstärken.

Format

Vortrag
Zielgruppe
Veranstaltung der Gesellschaft