„Der Weg in die Zukunft“

Die neue Wirtschaftsstrategie Kasachstans

Datum
20 März 2015
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
Hotel Steigenberger Frankfurter Hof, Frankfurt am Main, Deutschland
Einladungstyp
Nur für geladene Gäste

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Im Vordergrund der Diskussion standen die wirtschaftspolitischen Strategien Kasachstans, um die Verschlechterung der regionalen und weltweiten Konjunktur abzumildern und somit die soziale Stabilität im Land zu gewährleisten. Kasachstan beabsichtige, durch seine neue Wirtschaftspolitik „Der Weg in die Zukunft“ im Rahmen der Entwicklungsstrategie „Kasachstan 2050“ einen Platz unter den 30 höchstentwickelten Ländern der Welt einzunehmen, so der Leiter des Instituts für die Wirtschaftsforschung Kasachstans, Dr. Maksat Mukhanov. Obwohl sich die Wirtschaftsleistung des Landes seit 2000 verdoppelt habe, bleibe der Ausbau des Humankapitals eine der wichtigsten Voraussetzungen für die stabile Entwicklung des Landes.

Die weltweite Konjunkturschwäche stellt Kasachstan als einen wichtigen Exporteur von natürlichen Ressourcen und angesichts des Preisverfalls für mineralische Ressourcen vor neue Herausforderungen. Dr. Albert Rau, Vizeminister für Investitionen und Entwicklung Kasachstans, merkte an, dass der Haushalt dementsprechend angepasst wurde: „Die sozialen Ausgaben wurden nicht zurückgestellt. Unsere Aufgabe war es, die negativen Folgen dieser Entwicklung abzumildern. Unsere Märkte sind diversifiziert.“ Zwar bestehe kein Risiko einer vollständigen Abhängigkeit von Russland, dennoch habe die Rezession im Partnerland der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) starken Einfluss auf Kasachstan. Auch die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in China bereite Sorgen. Mukhanov wies außerdem darauf hin, dass die ungeklärten Fragen in der Eurozone negative Auswirkungen auf den bilateralen Handel hätten, der in den vergangenen drei Jahren stark gesunken sei. Prof. Dr. Rainer Lindner vom Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft hob die Auswirkungen der Rubelkrise in Russland auf die kasachische Währung hervor, welche sowohl die Finanzierung der EXPO 2017 als auch die Abhängigkeit des Haushalts von den Rohstoffexporten beträfen. Dennoch sehe die deutsche Wirtschaft Kasachstan – das Land hat einen Anteil von 80 Prozent im Handelsumfang mit Zentralasien – weiterhin als den wichtigsten Wirtschaftspartner der Region.

Die Schwerpunkte der neuen kasachischen Wirtschaftspolitik liegen auf strategischen Infrastrukturprojekten, einer Modernisierung der Wohnungswirtschaft und dem Ausbau von Energieeffizienzprojekten. Mit der Erhöhung der Arbeitsmobilität sollen die Kosten gesenkt, die Verkehrszugänglichkeit in Zentralasien erhöht und der Anteil der verarbeitenden Industrie vergrößert werden. Dem KMU-Sektor wird dabei eine bedeutsame Rolle zugesprochen. Migrationspolitik und Entwicklung der sozialen Infrastruktur sollen dementsprechend synchronisiert werden; das übergreifende Ziel besteht darin, die Urbanisierung und regionale Entwicklung voranzubringen. Rau wies auf die Notwendigkeit weiterer institutioneller Reformen in Kasachstan hin, unter anderem die Unterstützung von Unternehmen, die Verbesserung und Gewährleistung rechtlicher Grundlagen für die Wirtschaft, die Fortführung der Industrialisierung der Wirtschaft und die Reduzierung der Importabhängigkeit.

Trotz der Rezession in Russland sieht Kasachstan seine weitere Beteiligung an der Eurasischen Wirtschaftsunion als wichtig an, weil diese ihm unter anderem Vorteile für die Bereiche Transport und Logistik bringen könnte. Auf die Frage nach einem Konzept aus Kasachstan, wie das Verhältnis zwischen EU und Zollunion aussehen könnte, antwortete Rau, dass Kasachstan bereits einen Fahrplan für die Zusammenarbeit entwickelt habe, Lindner wiederum, dass auch die Bundesregierung die EAWU als politischen Partner anerkenne.

Dass Kasachstan kurz vor dem Abschluss der WTO-Beitrittsverhandlungen steht, bringt die Frage nach der Kompatibilität von WTO und EAWU auf; hierbei unterstrich Rau, dass Kasachstan aufgrund seines Wirtschaftswachstums den Status eines Entwicklungslandes langsam verlasse und mehr Informationen über die Risikoverteilung verbreiten sollte. Eine Abdeckung von Risiken durch renommierte internationale Versicherungsfirmen bleibe eine wichtige Aufgabe. Die WTO-Mitgliedschaft soll als Sicherung der rechtlichen Rahmenbedingungen dienen.

Peter Tils, CEO Central and Eastern Europe bei der Deutschen Bank, wies darauf hin, dass Kasachstans Wirtschaft trotz der Krise zuletzt um 6 Prozent gewachsen sei. Während Rau unterstrich, dass der Rückstand in puncto Technologien in Kasachstan noch hoch sei, erwähnte Lindner die Wachstumspotenziale weiterer Kooperationsbereiche wie Fahrzeugindustrie, Ausbau des Stromsektors, Implementierung erneuerbarer Energien und digitale Wirtschaft. Auf die Fragen, wie stark die kasachische Wirtschaft von China abhängig sei und ob die chinesischen Unternehmen eine vertiefte Beteiligung im Erdöl- und Gasbereich anstrebten, antwortete Rau, dass es eine Rohstoffpartnerschaft nur mit Deutschland gebe. Dennoch sei China der zweitgrößte Markt; es könne nicht von einer Abhängigkeit, sondern vielmehr von einer Ausbalancierung gesprochen werden.

Der 2012 gegründete Berliner Eurasische Klub sieht sich als eine interaktive Plattform für die Diskussion von politischen Fragen zwischen Kasachstan, den GUS-Ländern, Deutschland, der EU sowie anderen internationalen Organisationen. Prof. Eberhardt Sandschneider, Otto Wolff-Direktor des Forschungsinstituts der DGAP, moderierte die Veranstaltung.

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