Für mehr Ehrlichkeit in der verteidigungspolitischen Debatte

SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold spricht in der Reihe „Deutsche Verteidigungspolitik in neuer Verantwortung“

Datum
04 Februar 2015
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
DGAP, Berlin, Deutschland
Einladungstyp
Nur für geladene Gäste

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„Welche Rolle wird das Militär in der neuen deutschen Außenpolitik spielen?“ – in dieser Frage sieht der Verteidigungspolitiker Rainer Arnold den größten Klärungsbedarf. Während 82 Prozent der Deutschen einen militärischen Einsatz bei drohendem Völkermord befürworteten, würden gleichzeitig 60 Prozent der Befragten hierbei keine deutsche Beteiligung wünschen, so Arnold. Diesen Widerspruch gelte es anzusprechen und zu klären. Arnold unterstrich, dass Deutschland neben einer moralischen Verantwortung, die im Fall eines drohenden Völkermordes greift, auch legitime Stabilitäts- und Wirtschaftsinteressen sowie einen Gestaltungsanspruch besitze.

Mit Blick auf die aktuelle Herausforderung durch den IS und die Lehren aus den Kriegen in Irak und Afghanistan forderte Arnold, in Zukunft lokale Akteure auszubilden und im Kampf zu unterstützen. Die Reaktion Deutschlands auf den Ukrainekonflikt beurteilte er als angemessen und gut. Man habe die Sorge der mittel- und osteuropäischen Staaten aufgenommen, gleichzeitig eine beschwichtigende Position vor überzogenen Reaktionen eingenommen. Auf die Nachfrage nach möglichen Waffenlieferungen an die Ukraine reagierte Arnold ablehnend, mit dem Argument, Putin würde dann mit Waffenlieferungen für die Separatisten nachhalten.

Als eine „Vision tief am Horizont“ bezeichnete der SPD-Verteidigungspolitiker eine aktive Europa-Armee. Allerdings rufe er die Bundesregierung schon heute dazu auf, als Motor für die vertiefte europäische Integration in der Verteidigungspolitik zu agieren. Aktuell bestehe ein Zeitfenster, da sich alle europäischen Partner vor den gleichen Problemen befänden: Leere Kassen und infolgedessen eine abnehmende Menge an Fähigkeiten. Bevor die Partner die Geduld verlören, müsse Deutschland jetzt seine Verlässlichkeit unter Beweis stellen.

Weiterhin sprach Arnold sich für eine Nachjustierung der Bundeswehrreform aus: Eine verringerte Durchhaltefähigkeit und die Entstehung hohler Strukturen seien die bisherigen Folgen der Reform. Mit dem Einsparen von Geld und Personal sei klar, dass sich die Fähigkeiten der Streitkräfte verringert haben. Allerdings müsse die Reform an die Veränderungen in der Welt angepasst werden. Ein starker logistischer Unterbau und die Fähigkeit, parallel viele kleine Einsätze durchzuführen, formulierte er als Ansprüche an die Bundeswehr. Einer Erhöhung des Verteidigungshaushaltes erteilte er jedoch zunächst eine Absage. solange das vorhandene Geld nicht abgerufen werde, sein eine Erhöhung mit ihm nicht zu machen.

Zum Thema Rüstungsexportpolitik sagte Arnold, dass das aktuelle Kernproblem nicht eine restriktivere Auslegung der Vorgaben sei, sondern vielmehr, dass teure Großprojekte aktuell auslaufen und kein Geld für weitere Anschaffungen vorhanden sei. Hier sehe er die Lösung in Konsolidierungsbestrebungen, allerdings ohne die Ingenieursfähigkeiten zu verlieren. Der Verteidigungspolitiker forderte einen Dialog über die Definition von Kernfähigkeiten der deutschen Bundeswehr. Für ihn seien diese recht einfach zu definieren: Sie bestünden überall dort, wo die Fähigkeiten der Bundeswehr im internationalen Vergleich herausragten.

Ähnlich wie sein Vorredner Henning Otte von der CDU/CSU-Fraktion antwortete Arnold auf die Frage nach den Charakteristika der deutschen Verteidigungspolitik, dass Deutschland militärisch immer im Bündnis agiere und niemals allein. Wenn er an der deutschen Verteidigungspolitik etwas ändern könnte, würde er sich wünschen, dass alle Akteure die gegenwärtige Debatte „ehrlicher“ führen würden.

Die Vortragsreihe begleitet den aktuellen Forschungsschwerpunkt Reformbedarf in der deutschen Sicherheitspolitik des Berliner Forum Zukunft.

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