„Unsere Wirtschaft hat enorme Potenziale“

Der nigerianische Präsident Goodluck E. Jonathan über Energiekooperation, politische Stabilität und die Beziehungen zu Deutschland

Datum
19 April 2012
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
DGAP, Deutschland
Einladungstyp
Nur für Mitglieder

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Eine „Klassenraum-Vorlesung“ wolle er nicht halten, sagte Goodluck E. Jonathan zum Auftakt seines Vortrags, sondern er hoffe auf eine „lebendige Diskussion“. Die ihn begleitenden Minister, darunter auch der Energieminister, stünden für Rückfragen zur Verfügung. Die Beziehungen zwischen seinem Land und Deutschland beschrieb der nigerianische Präsident als partnerschaftlich und geprägt „von geteilten Interessen“. Beides seien säkulare, demokratische Staaten, die den Werten der Freiheit und Menschenwürde verpflichtet seien. Auf wirtschaftlicher Ebene, so Jonathan, sei Nigeria der zweitwichtigste Handelspartner der Deutschen in Subsahara-Afrika. 2011 betrug das Handelsvolumen 4,7 Milliarden Euro, ein Rekordwert, den er auch auf den hohen Ölpreis zurückführte.

„100 Unternehmen ­― das ist unser Ziel“

Der nigerianische Präsident berichtete von seinem Besuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel wenige Stunden zuvor. Er begrüßte die Schaffung einer deutsch-nigerianischen „binationalen Kommission“, die anlässlich seines Deutschlandbesuchs erstmals tagte. Ziel dieser Kommission sei vor allem, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern stärker auszubauen und die Handels- und Investitionsbeziehungen zu intensivieren. Derzeit gebe es etwa 50 deutsche Unternehmen, die in Nigeria aktiv seien, sagte Jonathan. Stefan Liebing, Vorsitzender des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, bezog sich später auf diese Zahl und gab die Parole aus: „100 Unternehmen, das ist unser nächstes Ziel!“

Als einen Schwerpunkt hob Jonathan die Energiepartnerschaft der beiden Länder hervor, die 2008 in Abudja ins Leben gerufen wurde. Sie sieht regelmäßige Treffen von Vertretern beider Länder vor, um die Energiekooperation voranzutreiben. Vor allem die nigerianische Stromproduktion und die Förderung erneuerbarer Energien sowie eine stärkere Beteiligung deutscher Unternehmen am Bau von Kraftwerken stehen im Fokus der Partnerschaft. Zudem wolle sich Nigeria verstärkt in der Petrochemie engagieren, um nicht ausschließlich von Öl- und Gas abhängig zu sein, so Jonathan.

Stabilität und Sicherheit

Wegen der jüngsten Anschläge der radikalislamischen Boko Haram auf christliche Einrichtungen standen die Stabilität und Sicherheit des Landes besonders im Mittelpunkt der Veranstaltung. Man habe, wiederholte Jonathan mehrmals, „die Lage im Griff“; die terroristische Gefahr sei unter Kontrolle. Das Umfeld für Investoren sei sicher, auch was den politischen Rahmen angehe. Anders als zu Zeiten der Militärdiktatur, wo sich Gesetze über Nacht verändern konnten, gebe es heute ein demokratisches Umfeld und Rechtsstaatlichkeit. Die Präsidentschaftswahl vor genau einem Jahr ― aus der Jonathan siegreich hervorging ― sei frei und fair gewesen.

Regionale Vermittlerrolle

Als Sitz von ECOWAS, der regionalen Organisation der afrikanischen Staaten in der Region, habe sich Nigeria bei der Lösung verschiedener regionaler Konflikte engagiert ― etwa dem in der Elfenbeinküste im Winter 2010/11. Derzeit sei Mali ein Krisenherd. Dort müssten nach dem Putsch des Militärs innerhalb kürzester Zeit Präsidentschaftswahlen stattfinden; allerdings sei es angesichts der instabilen Situation kaum möglich, innerhalb von 14 Tagen solche Wahlen abzuhalten. Man arbeite intensiv daran, diese Krise zu lösen. Dies sei eine der größten Sicherheitsbedrohungen für die Region: bewaffnete nichtstaatliche Akteure wie die Tuareg in Mali, die von der instabilen Lage im Nachbarland Libyen profitierten.
 

Format

Vortrag
Zielgruppe
Veranstaltung der Gesellschaft
Regionen