Konflikt und Kooperation

Internationale Expertenkonferenz in der DGAP zur Politik Russlands und der EU im postsowjetischen Raum

Datum
17 November 2011
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
DGAP, Deutschland
Einladungstyp
Nur für geladene Gäste

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Russlands außenpolitisches Interesse

Für Igor Torbakov von der Universität Uppsala verfügt Russland über keine außenpolitische Strategie. Seiner Meinung nach dient die Außenpolitik der politischen Führung in erster Linie als Instrument zur Legitimation ihrer Innenpolitik.

Als zentrales strategisches Interesse Russlands sieht Vladislav Inozemtsev vom Zentrum für postindustrielle Studien in Moskau die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Landes. Zu den wichtigsten Aufgaben zählt er, die Abwanderung gut ausgebildeter Fachkräfte zu stoppen. Außerdem müsse sich die russische Energiewirtschaft weiter internationalisieren. Inozemtsev sieht in der „Eurasischen Union“ und der Zollunion keine ökonomischen Vorteile für Russland.

Stefan Meister von der DGAP plädierte dafür, die Integration im postsowjetischen Raum eher als ein politisches denn ein rein ökonomisches Projekt zu begreifen. Dabei stelle sich die Frage, ob Russland überhaupt über die politischen und materiellen Ressourcen verfüge, diese Länder zu integrieren.

Russland und die postsowjetischen Staaten

Länder wie Belarus, Ukraine oder Moldau wollen auf keinen Fall in den russischen Einflussbereich zurückkehren, so Arkadij Moshes vom finnischen Institut für Internationale Beziehungen. Trotz ganz unterschiedlicher Beziehungen zu Russland stünden alle drei im Konflikt mit Moskau, verfolgten sie doch als gemeinsames Ziel, ihre Unabhängigkeit von der ehemaligen Machtzentrale weiter auszubauen.

So diene die Politik des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko allein dem Ziel der persönlichen Machtsicherung in einem von Russland möglichst unabhängigen Staat, ergänzte Alex Nice von Chatham House in London. Trotz der starken ökonomischen Abhängigkeit des Nachbarlands von Russland, habe Moskau nur begrenzten Einfluss auf die belarussische Innenpolitik.

Dagegen schafft für Dmtrij Suslov von der Hochschule für Wirtschaft Moskau die Zollunion trotz ihrer langsamen Entwicklung eine neue Realität im postsowjetischen Raum, die zu einer begrenzten Integration und der Aufgabe von Souveränität führen kann.

Konflikt und Kooperation zwischen der EU und Russland

Ein wichtiges Thema auf der europäisch-russischen Agenda sind die ethnischen und territorialen Konflikte im postsowjetischen Raum. Nach der Einschätzung von Dmitrij Suslov hat zwar die Zahl der sicherheitspolitischen Aktivitäten in den letzten Jahren zugenommen, das habe aber zu keinen greifbaren Erfolgen geführt.

Russlands Aktivitäten in den Konflikten dienten in erster Linie dazu, seine Stellung als zentrale Ordnungsmacht in der Region zu festigen, jedoch nicht, die Konflikte zu lösen. Der Erhalt des Status quo sei für Russland die beste Option, so Suslov, jede Veränderung hingegen drohe mit Einflussverlust einherzugehen.

Der EU wiederum, so wurde während der Konferenz deutlich, fehlt im postsowjetischen Raum der politische Wille zur Integration. Aber auch die russische Politik gegenüber diesen Staaten sei, so Derek Averre, Universität Birmingham, eher reaktiv und wenig zielführend. Weder die Union noch Russland hätten gegenüber der gemeinsamen Nachbarschaft ein schlüssiges Integrationskonzept.

Für Andrey Makarychev, Humboldt Fellow an der FU Berlin, fehlt es der russischen Politik vor allem an funktionsfähigen Institutionen und letztlich einer langfristigen Strategie.

Die internationale Expertenkonferenz wurde vom Zentrum für Mittel- und Osteuropa der Robert Bosch Stiftung in der DGAP mit Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung durchgeführt. Sie war Teil des Forschungsprojekts „Wege aus der Polarisierung? Die EU und Russland im postsowjetischen Raum“.

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