Demokratischer Wandel in Tunesien

Außenminister Mohamed Mouldi Kefi in der DGAP

Datum
05 Juli 2011
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
DGAP, Deutschland
Einladungstyp
Nur für Mitglieder

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Wie hat sich die Revolution auf Tunesien ausgewirkt? Was erwartet die Regierung in Tunis von Deutschland und der EU? Welche Herausforderungen müssen bewältigt werden? Dies waren die zentralen Themen, die im Mittelpunkt des Vortrages „Democratic Transition in Tunisia after the Revolution. Opportunities and Challenges“ standen, den der Außenminister der tunesischen Republik, Mohamed Mouldi Kefi, am 6. Juli 2011 in der DGAP gehalten hat.  Der 65-Jährige kam nach dem Umsturz  ins Amt und war bis 2006 tunesischer Botschafter u.a. in Indonesien und Russland.

Ein großes Problem sei die derzeitige wirtschaftliche Lage in Tunesien, sagte Kefi. Derzeit liege das Wirtschaftswachstum bei einem Prozent, vor der Revolution waren es 5 Prozent. Das wirtschaftliche Wachstum sei aber auch schon damals ungleich verteilt gewesen. So habe es kaum Investitionen in die unterentwickelten Grenzgebiete gegeben, in denen große Armut herrsche und bis zu 50 Prozent der Bevölkerung keine Arbeit hätten. Jetzt müsse Tunesien zusätzlich Zehntausende von Flüchtlingen aus Libyen und Somalia beherbergen und versorgen. Dafür brauche die Regierung in Tunis die Hilfe Deutschlands und der EU, so der Außenminister. Große Hoffnungen setze er insbesondere auf die Zusammenarbeit mit Deutschland. „Tunesien kann von der deutschen Erfahrung beim Aufbau Ost lernen“.

Der tunesische Außenminister trat Befürchtungen eines Erstarkens der Islamisten in seinem Land entgegen. Auch wenn die Islamistenpartei Ennahda bei den im Oktober stattfindenden Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung bis zu 20 Prozent der Stimmen erhalten könnte, müsse sie eine Koalition bilden und mit anderen Parteien zusammenarbeiten. Er gehe davon aus, dass sich die Ennahda an die demokratischen Spielregeln halten werde. „Wir sind jetzt ein Rechtsstaat und können die Islamisten nicht präventiv wegsperren,“ so Kefi. Dass aus Tunesien eine islamische Republik werde, halte er für abwegig. „Dann werde ich meine Sachen packen und das Land verlassen.“

Mit Blick auf den Prozess gegen Ben Ali wehrte sich Außenminister Kefi gegen Vorwürfe aus dem Publikum, das Gerichtsurteil sei zu schnell und nicht rechtlich korrekt erfolgt. „Das liegt daran, dass Ben Ali nicht anwesend war und sich verteidigt hat“. Dessen Bruder, gegen den auch ein Verfahren laufe, sei in Tunesien und wehre sich mit Hilfe eines Anwalts gegen die Vorwürfe. „Sie werden sehen, dass sich dieser Prozess noch Monate hinziehen wird, und alles mit rechten Dingen zugeht.“

Deutschland sei ein wichtiger Partner beim Entwurf einer neuen Verfassung, die der erste Schritt Richtung einer funktionierenden Demokratie mit einer gesunden Zivilgesellschaft sei. Der Ausschuss, der sich mit dieser Aufgabe beschäftige, habe inzwischen 80 verschiedene Verfassungen analysiert.

Zudem betonte Kefi, dass die Bundesregierung viel Hilfe geleistet habe, um die Demokratisierungsprozesse zu beschleunigen und Handelserleichterungen für Tunesien innerhalb der EU durchzusetzen. Seiner Ansicht nach ist es unabdingbar, dass das neue demokratische Tunesien funktioniere. Sonst habe nicht nur das tunesische Volk versagt, sondern auch seine internationalen Partner.

Format

Vortrag
Zielgruppe
Veranstaltung der Gesellschaft
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